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Publicly Available Published by De Gruyter Saur November 15, 2018

Charakteristika nationaler Forschungsbedingungen

Ansätze einer Modellbildung

  • Vera Hillebrand

    Vera Hillebrand ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Information Behavior am Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt Universität zu Berlin. Sie schrieb ihre Masterarbeit zum Thema internationale Mobilität in der Informationswissenschaft.

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Zusammenfassung

Der letzte Teil der Artikelreihe behandelt Eigenschaften nationaler Forschungsumgebungen und Unterschiede zwischen ihnen. Dafür entwickelte die Autorin basierend auf einer kleinen Anzahl qualitativer Interviews ein Modell, um zu veranschaulichen, welche Anreize Forschenden geboten werden sollten, um den gewünschten Mobilitätsfluss eines Nationalstaates anzuregen. Drei wichtige Eigenschaften nationaler Forschungsumgebungen beeinflussen die Mobilität von Forschenden direkt: Finanzielle Ressourcen, Forschungskultur und Infrastruktur. Aufgrund des geringen Umfangs der Interviewstudie sollte das Modell durch eine größere qualitative Datensammlung validiert werden.

Einleitung

Der Bologna-Prozess zielt auf die Schaffung eines einheitlichen europäischen Hochschulraums, ähnlich dem angelsächsischen System. Durch überregionale Qualitätsnormen soll die Mobilität für Studierende erleichtert werden. Ein weiteres Anliegen ist die Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit im innereuropäischen Arbeitsmarkt. Denn die Abwanderung europäischer Forschender ins Ausland ist keine neue Entwicklung, sondern wird seit den 1950ern unter dem Begriff brain drain thematisiert (OECD, 2008). Gerade die europäische Politik verfolgt das Phänomen mit Sorge. Diese Studie geht in drei in sich geschlossenen Artikeln (Hillebrand, 2017 a; Hillebrand, 2017b) den Fragen nach: 1. Gibt es einen brain drain im Forschungsbereich Informationswissenschaft? 2. Warum ist Europa attraktiv bzw. unattraktiv für internationale Studierende und Forschende in diesem Fachbereich und 3. welche Eigenschaften nationaler Forschungsumgebungen beeinflussen die Mobilität von Studierenden und Forschenden am stärksten? Im ersten Beitrag für diese Zeitschrift wurden die Ergebnisse einer quantitativen Analyse vorgestellt. Diese legten einen europäischen brain drain in der Informationswissenschaft (Hillebrand, 2017a) nahe. Im zweiten Teil klärte die Autorin durch Interviews die Gründe für Langzeit-Mobilität in der Informationswissenschaft (Hillebrand, 2017b) und zeigte, dass vornehmlich persönliche Motive wie Kinder und Familie Wissenschaftlerinnen[1] ins Ausland ziehen.

Der letzte Teil der Artikelreihe erörtert, ob bestimmte Eigenschaften nationaler Forschungsumgebungen Forschende anziehen oder abstoßen. Nach den Ergebnissen des zweiten Teiles der Forschungsarbeit (Hillebrand, 2017b), hätte die Politik wenig Spielraum, um den brain drain oder die internationale Mobilität europäischer Wissenschaftlerinnen zu beeinflussen, weil die Entscheidungen sehr oft persönlicher Natur sind. Während der Interviews war aber zu bemerken, dass viele Teilnehmende kontinuierlich Vergleiche zwischen den Forschungsumgebungen zogen, in denen sie gearbeitet hatten. Diese bezogen sich auf Faktoren, die von nationaler Politik und Entscheidungsträgerinnen vor Ort beeinflusst werden können und sollen an dem vorgestellten Modell in dieser Studie aufgezeigt werden.

Methodik und Modell

Die Autorin interviewte insgesamt 16 Teilnehmerinnen[2]. Die Interviewten wurden in drei Gruppen unterteilt: stayers, Personen, die nie langfristig in ihrer akademischen Laufbahn mobil waren, returnees, Personen, die nach einer Phase von langfristiger Mobilität in ihr Heimatland zurückkehrten, und leavers, Personen, die ihr Heimatland für degree- oder post-diploma Mobilität verließen und heute noch im Ausland leben. Um zwei Forschungsumgebungen miteinander vergleichen zu können, muss man mindestens einmal langfristig in einer anderen nationalen Forschungsumgebung gearbeitet zu haben. Dieses Kriterium trifft auf die stayer nicht zu. Deshalb berücksichtigt die Autorin für die Auswertung die 14 Personen umfassenden Gruppen der leavers und returnees (s. Tab. 1).

Tabelle 1:

Einteilung der Teilnehmenden nach Geschlecht, Mobilitätskategorie, Bildungsgrad, Muttersprache und Forschungshintergrund.

TeilnehmerGeschlechtKategoriepromoviertEnglisch MutterspracheAbschluss im LIS Bereich
P1männlichreturneeja
P2männlichleaverja
P3weiblichleaverjaxx
P4männlichleaverjax
P5männlichleaverja
P6weiblichleaverjax
P7männlichstayerjax
P8männlichleaverneinxx
P9weiblichleaverneinx
P10weiblichleaverjax
P11weiblichleaverjaxx
P12weiblichleaverneinx
P13männlichreturneeja
P14weiblichleaverjax
P15weiblichstayerjax
P16männlichreturneejax
Abbildung 1 Modell der Eigenschaften nationaler Forschungsumgebungen.
Abbildung 1

Modell der Eigenschaften nationaler Forschungsumgebungen.

Die Entwicklung des Modell basiert auf einer sehr kleinen qualitativen Datenmenge und kann keine Allgemeingültigkeit beanspruchen, versucht aber als Teil einer Masterarbeit, die Eckpunkte aufzuzeigen, die zum Arbeitsalltag von Forschenden gehören und einen erheblichen Einfluss auf die Entscheidung über langfristige Mobilität haben könnten. Die Idee dahinter ist, dass Forschende in einer Forschungsumgebung drei wichtigen Einflüssen ausgesetzt sind: finanziellen Ressourcen, Forschungskultur und Infrastruktur. Diese werden von der nationalen Politik durch die Finanzierung öffentlicher Forschungseinrichtungen indirekt beeinflusst. Dem Modell liegt eine Zeitschiene zugrunde, um zu verdeutlichen, wie stark ein einzelner Faktor alle anderen beeinflusst (Abb. 1).

Infrastruktur und finanzielle Ressourcen

Zur Infrastruktur zählen neben dem Lehrkörper, Forschungsbibliotheken, Universitäten oder andere Serviceeinrichtungen, auch die Verwaltung der Institution, in der ein Forschender tätig ist.

Forschungsbibliotheken benötigen finanzielle Ressourcen, um Zugang zu Informationen zu ermöglichen, insbesondere für die Lizenzierung elektronischer Informationen. Die finanzielle Ausstattung der Infrastruktur variiert von Einrichtung zu Einrichtung. Je kleiner das Budget, desto weniger Geld ist für die Lizenzierung elektronischer Medien vorhanden. Somit können nicht alle Forschungsbibliotheken denselben Zugang zu elektronischer Information bieten. Dieser Unterschied fällt den Forschenden auch zwischen einzelnen Institutionen im selben Nationalstaat auf und gilt auch für die Forschungsumgebung in den Vereinigten Staaten. Fehlende Zugänge können eine Exklusion aus der internationalen Forschung bedeuten.

Während des Studiums ist eine finanziell gut ausgestattete Infrastruktur für die Lehre wichtig. So absolvierte P9 ihren Masterstudiengang im Fernstudium, weil die Universität ihres Heimatlandes nicht genügend finanzielle Kapazitäten hatte, um einen Aufbaustudiengang anzubieten. Es ist naheliegend, dass Studierende eine Entscheidung für Mobilität dann öfter treffen, wenn in ihrem Heimat- oder Aufenthaltsland die Infrastruktur für das gewählte Studium nicht bietet.

Finanzielle Ressourcen und Forschungskultur

Mit Forschungskultur ist der soziale Kontext gemeint, der innerhalb einer Forschungsumgebung existiert. Welche Qualifikationen und Erfahrungen haben Mitarbeiterinnen oder Vorgesetzte? Wie ist die Kommunikation und wie gestaltet sich die Zusammenarbeit?

Eine gute Forschungskultur zeichnet sich nicht unbedingt durch eine besonders große Anzahl von Wissenschaftlerinnen aus, sondern dadurch, dass sie die beteiligten Forschenden in sinnvolle Forschungsfelder lenkt und die Einhaltung von Standards bei Methodik und Datenerhebung unterstützt.

Allen u. a. (2016) untersuchten die Elemente in Forschungskulturen, die für die Entwicklung von guter akademischer Forschung notwendig sind. Dazu gehörten insbesondere finanzielle Aspekte, wie die Finanzierung von Forschung und Stipendien, aber auch die Zusammenarbeit mit erfahrenen, international anerkannten Forschenden (Allen u. a., 2016, S. 727). Eine Teilnehmerin (P9), die ihre Promotion in einer Kooperation zwischen einer Universität in Schweden und ihrem Arbeitsplatz in Ruanda absolviert, nannte auch diese beiden Faktoren als Grund für ihre Stipendiums-Bewerbung. Auch für P6 ist der internationale Austausch wichtig: Sie kennt die Forschungskultur ihres Heimatlandes Ukraine gut und beschreibt die starken kulturellen Unterschiede zu den Vereinigten Staaten, ihrer Wahlheimat: Das Forschungsklima sei sehr national aufgrund der Unkenntnis der englischen Sprache und des limitierten Zugangs zu Information.

Reisegeld und Förderungen für Forschungsprojekte sind zwei weitere finanzielle Faktoren, die von den Befragten als wichtig für eine positive Entwicklung der Forschungskultur befunden wurden. Zwei Forschende berichten, dass sich ihre Forschungsförderung durch ihren Umzug nach Europa verschlechtert habe. P11 erzählt, das Einwerben von Fördermitteln sei „viel frustrierender“ in Irland als in den Vereinigten Staaten.

Forschende wie Studierende, die in ihre Heimatländer zurückkehren, um ihr im Ausland gewonnenes Fachwissen in die eigene Forschungskultur zu integrieren, können ein Land vor einem brain drain schützen (OECD, 2008, S. 11).

Alle promovierenden Interview-Teilnehmerinnen wollen nach ihrer Promotion in ihre Heimatländer zurückkehren. Sei es um ihre einheimischen Forschungskulturen durch ihr erworbenes Fachwissen voranzubringen (P12 und P9) oder aus persönlichen Gründen (P8). Mehrere Teilnehmende bemerkten die Bedeutung unterschiedlicher Forschungskulturen besonders dann, wenn diese schwächer als in ihrem Heimatland waren oder wenn sie sich in der Forschungskultur ihres Wahlheimatlandes nicht verstanden fühlten und noch in starkem Kontakt mit der vorherigen Forschungskultur standen.

Wie bei der Infrastruktur ist auch bei der Forschungskultur die finanzielle Ausstattung ein ausschlaggebender Faktor. Es gibt allerdings auch Faktoren, die nicht durch finanzielle Ressourcen beeinflusst werden, wie die persönlichen Beziehungen zwischen Forschende. Diese können die Forschungsumgebung kritisch beeinflussen. Ein typisches Beispiel nannte eine Teilnehmerin (P11), die davon berichtete, wie die negative Einstellung ihrer Vorgesetzten ihrer eigenen Motivation für Forschung schadete.

Forschungskultur und Infrastruktur

Universitäten oder Forschungseinrichtungen geben die Richtung in der Forschung durch die Einstellungen von akademischem Personal vor. Sie entscheiden, wer zur Institution passt und welche Fähigkeiten für welche Position nötig sind. P11 glaubt, dass europäische iSchools die eigene Nationalität bei Angestellten bevorzugen. P14 beschreibt, wie das System der Beförderung die Forschungsproduktivität beeinflussen kann. In Europa hat sie eine unbefristete Stelle, so dass der Druck zu publizieren nicht so hoch ist wie in den Vereinigten Staaten. Dies gibt ihr laut eigener Aussage die Möglichkeit langsamer und sorgsamer zu forschen.

P5 nimmt an, dass vor allem Sprachkenntnisse eine entscheidende Rolle spielen. So ist es für Universitäten, die ja meist öffentlich finanziert werden, wichtig dass Dozentinnen in der Landessprache lehren und mit der Öffentlichkeit in Kontakt treten können. Dies ist auch den Wissenschaftlerinnen bewusst. Ebenso ist der internationale Austausch zwischen Forschenden wichtig. Daher haben weit verbreitete Sprachen, wie Englisch, einen klaren Vorteil. P11 nimmt an, dass viele Studierende in das englischsprachige Ausland gehen, weil dies die vorherrschende Sprache der informationswissenschaftlichen Forschung im internationalen Raum ist. Andererseits können Forschungskulturen isoliert werden, wenn sie anderssprachige Publikationen ausblenden. Die Folgen einer solchen Verweigerung beschreibt P6 in ihrem Heimatland Ukraine.

Daher scheint bei dieser Achse die Infrastruktur der entscheidende Faktor zu sein, denn die Entscheidungskriterien auf Personal- und Führungsebene bilden den Rahmen für die Forschungskultur.

Politik und Zeit als Einflussfaktoren

Politische Geschehnisse verändern mittel- bis langfristig das persönliche Forschungsumfeld durch Infrastruktur, finanzielle Ressourcen und die Forschungskultur. So berichteten die Medien kurz nach der Inauguration von Donald Trump von geplanten Budgetkürzungen für die Forschung (Savransky, 2017; Sopan, 2017) und Fachzeitschriften befassten sich mit den Auswirkungen der Politik Trumps auf die internationale Hochschulmobilität (Altbach und De Wit, 2017). Leisyte und Rose nehmen an, dass durch den Brexit und Trumps strengere Einwanderungspolitik die Zahlen einwandernder Akademikerinnen in Großbritannien und den Vereinigten Staaten sinken werden. Dies kann eine Chance für Länder in Mittel- und Osteuropa sein, neue Anziehungspunkte für internationale Mobilität zu werden (Leisyte und Rose, 2017, S. 6). Daher fragt sich P5, der erst kürzlich für eine Stelle nach England gezogen ist, was das für seine berufliche Zukunft bedeutet.

Die Einstellung, mit der Politik der Forschung begegnet, entscheidet über deren Förderung. P11 beschreibt die Einstellung ihrer Wahlheimat (Irland) zur Forschung als ökonomischer getrieben, als sie es aus ihrer Heimat den Vereinigten Staaten gewohnt war

Regierungen entscheiden, welche ausländischen Qualifikationen anerkannt werden und welche Voraussetzungen für ein Visum gelten. Die Kriterien könnten sich nach jeder Wahl ändern oder nach einschneidenden Ereignissen wie dem 11. September 2001 in New York (vgl. Kell und Vogl, 2012, S. 33).

Die historischen, sozialen und technischen Entwicklungen der letzten 20 Jahre veränderten den Zugang zu Information, Forschungsmethodik, Kommunikation und auch das Studieren im Ausland. Diese Entwicklungen verlaufen und verliefen global nicht parallel. P2 verließ sein Heimatland Anfang der 1990er Jahren, als es dort noch keine PCs für akademische Beschäftigte gab. In seiner Wahlheimat Dänemark war das anders. Die Teilnehmerin P12 beschreibt die Veränderungen der letzten Jahre in ihrer Heimat Thailand, wo sich der Zugriff auf Datenbanken ungemein verbessert hat und mit internationalen Standards vergleichbar ist.

Fazit

Basierend auf Interviews mit 14 Personen, die in ihrer akademischen Laufbahn mindestens einmal langzeitlich mobil waren, behandelt diese Studie Eigenschaften nationaler Forschungsumgebungen und deren Unterschiede.

Die Ergebnisse bestätigen, dass Forschenden drei Eigenschaften in nationalen Forschungsumgebungen besonders wichtig sind: Finanzielle Ressourcen, Forschungskultur und Infrastruktur. Diese Faktoren beeinflussen sich gegenseitig. Die finanzielle Ausstattung der Infrastruktur entscheidet über die Qualität von Serviceeinrichtungen zur Forschungsunterstützung und damit über den bestmöglichen Zugang zu Informationen. Ebenso bestimmen sie Forschungskulturen, die Qualität des Personals und die Nachwuchsförderung. Negativ fallen Forschungskulturen dann auf, wenn es unzureichende Fördermittel gibt, sie nicht den heimischen Standards entsprechen oder sich die Forschenden unverstanden fühlen. Dies hat unmittelbare Auswirkungen auf die Forschungskultur und Infrastruktur. Hier spielen eine internationale Ausrichtung der Forschung und, damit verbunden, englische Sprachkenntnisse eine substantielle Rolle.

Forschungsumgebungen werden durch die nationale Politik gestaltet. Wichtigster Faktor ist hierbei die finanzielle Förderung, aber ebenso Gesetzgebungen wie Dauer und Form von Migration (Regelungen für Visa) haben eine großen Einfluss.

Die Interviewten bemerkten auch auf nationaler Ebene starke Unterschiede zwischen Institutionen. Hier zeigt sich die Komplexität der Thematik, die eine Vereinheitlichung des akademischen mobilen Raums in Europa erschwert. Solange es Gefälle innerhalb und zwischen nationalen Forschungsumgebungen gibt, werden einige Länder eine größere Abwanderung verzeichnen als andere. Dazu kommen die subjektiven und privaten Gründe von Mobilität, denn diese sind genauso ausschlaggebend, wie die vorhergehende Studie der Autorin zeigte (Hillebrand, 2017b).

Diskussion, Kritik, Ausblick

Die OECD stellte 2008 in einem Bericht fest, dass die Mobilität im Bereich Humanressourcen in Wissenschaft und Technologie (HRWT), im Unterschied zur üblichen Mobilität, zusätzliche komplexe Aspekte wie Forschungsmöglichkeiten, Arbeitsumstände und Zugang zu Infrastruktur umfasst (OECD, 2008, S. 23). Die vorliegende Datenanalyse kommt zum selben Schluss. Jedoch fußt das Modell auf einer nicht repräsentativen, kleinen qualitativen Studie. Auch fragte die Autorin die Teilnehmenden nicht direkt nach Unterschieden in Infrastruktur, finanziellen Ressourcen oder Forschungskultur, sondern nach degree- und post-diploma Mobilität sowie nach Erfahrungsberichten, wie Mobilität das Informationsverhalten in der Forschung beeinflusst. Diese Ergebnisse sind also nur ein Nebenprodukt der eigentlich durchgeführten Forschung. Eine neue Studie müsste das Modell einem Eignungstest unterziehen. Diese sollte bei der Methodik des Interviews bleiben und nicht auf quantitative Messungen ausweichen, selbst wenn dadurch eine deutliche größere Erhebung mit weniger Zeitaufwand möglich wäre. Die wichtigen Daten für dieses Modell konnten durch einen Fragebogen nicht gewonnen werden.

Aus europäischer Perspektive wäre es interessant, die Daten getrennt zwischen jenen Wissenschaftlerinnen auszuwerten, die nach Europa gezogen sind und jenen, die Europa verlassen haben. Gibt es Faktoren, die zugezogene Wissenschaftlerinnen an bestimmten nationalen Forschungsumgebungen besonders schätzen? Gibt es Faktoren in einer Forschungsumgebung, die Forschende ins nicht-europäische Ausland ziehen?

Problematisch ist auch die Einteilung der Forschungsumgebungen nach Nationalstaaten bzw. geopolitischen Kriterien. So stellten amerikanische Teilnehmerinnen bereits innerhalb der Vereinigten Staaten Unterschiede zwischen einzelnen Institutionen fest. Innerhalb der europäischen Länder dürfte dies ähnlich sein. Hier müsste überlegt werden, ob sich ein besserer Ankerpunkt für die Gruppierung von Forschungsumgebungen finden ließe. Dieses Modell will jedoch zum Ausdruck bringen, wie stark Politik und Wirtschaft Einfluss auf Forschungsumgebungen nehmen können. Dabei ist der Nationalstaat ein gemeinsamer Faktor an dem sich die (öffentliche) Forschung angliedert. Ein weiterer Ansatz wäre, die Daten nach einzelnen europäischen Nationalstaaten zu trennen, um ein differenziertes Bild von Europa als geopolitisches Mobilitätsgebiet zu erlangen.


Anmerkung

Dieser Artikel basiert auf der Masterarbeit der Autorin: International Degree and Post-Diploma Mobility in Information Science/ von Vera Hillebrand. – Berlin: Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, 2017: https://edoc.hu-berlin.de/handle/18452/18877.


About the author

Vera Hillebrand

Vera Hillebrand ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Information Behavior am Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt Universität zu Berlin. Sie schrieb ihre Masterarbeit zum Thema internationale Mobilität in der Informationswissenschaft.

Literatur

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Published Online: 2018-11-15
Published in Print: 2018-11-06

© 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Downloaded on 25.4.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/iwp-2018-0042/html
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